Ich will Sie gar nicht lange auf die Folter spannen, sondern direkt zum Punkt kommen. In dem Sie mit Ihrem Hund Ball spielen, trainieren Sie nichts anderes als das Jagen. Deshalb lass ich persönlich das Ballspielen lieber gleich ganz bleiben und würde auch Ihnen empfehlen dies zu tun. Denn der erste Schritt in Sachen Prävention ist definitiv, das Jagen erst gar nicht groß zu fördern. Wenn wir die Sequenzen aus einer Jagd und dem Ballwerfen gegenüber stellen, sehen wir hier direkt Parallelen. Der Hund erblickt das Objekt der Begierde. Sei es Hase oder Ball. Er fixiert es und lässt das Objekt nicht mehr aus dem Auge. Die Party geht los. Hund hetzt dem Ball oder Hasen hinterher. Zack hat er ihn im Maul. Oder auch nicht. Ob der Hund den Ball oder den Hasen letztlich kriegt, entscheidet nicht über das Erfolgserlebnis. Das ist die Crux an der Geschichte. Denn Jagen an sich ist schon einfach ne coole Sache. Dazu aber später mehr. Fakt ist, mit jedem einzelnen Ballwurf wird Jagen geübt.
Um es deutlich zu sagen, ein Hund der nicht jagt, ist kein Hund. Jeder Hund hat das genetisch irgendwie in seinem Erbgut verankert. Der feine Unterschied liegt darin, wie stark der Jagdtrieb ausgeprägt ist. Und dann bleibt die Frage wie stark sich der Trieb dann noch fördern oder ausreizen lässt. Hunde die natürlich speziell fürs Jagen gezüchtet wurden, haben aller Voraussicht nach auch hier irgendwie ein gewisses Talent. Diesem Punkt muss man sich bewusst sein, wenn man sich für einen Jagdhund entscheidet. Klar, gibt es auch Hunde die für andere Zwecke gezüchtet wurden und das „Jagen-können“ spielt hier nicht die Hauptrolle. Aber um ehrlich zu sein, würde ich es erst gar nicht darauf ankommen lassen, auszuprobieren ob sich Ihr Hund durch das exzessive Ballspielen zum heißen Jäger entwickeln lässt. Denn unkontrollierte Ballspiele können zu unkontrolliertem Jagen führen. Und hat ein Hund das Jagen erst einmal für sich entdeckt, gibt es keinen schnellen einfachen Knopf der alles rückgängig macht. Jagen ist nämlich ein recht komplexes Thema. Warum das so ist, dazu kommen wir jetzt.
Es gibt 3 Fakten, die Sie kennen sollten:
- Jagen macht an sich Höllenspaß
- Jagen ist selbstbelohnend
- Jagen wird dadurch blitzschnell gelernt
Jagen ist ein bisschen wie Verliebtsein!
Waren Sie mal so richtig krass verliebt? Ich meine so richtig. Mit Schmetterlingen im Bauch. Mit Tagträumen. Mit schweben auf Wolke 7. Voll fixiert auf das Objekt der Begierde. Da rauscht durch die Blutbahn ein Cocktail aus Hormonen der uns regelrecht die Sinne vernebelt. Und Schuld daran war´n nur die Botenstoffe, die war´n Schuld daran. Haupttäter ist wohl der Neurotransmitter Dopamin. Auch bekannt als das Glückshormon. Dopamin steht auch für Motivation und Antrieb. Versetzt uns in den 7 Himmel und macht das wir immer mehr von dem Objekt der Begierde wollen. Voll euphorisch zieht man durch den Tag. Und das Verliebtsein, lässt sich nicht per Knopfdruck abstellen. Nicht mal durch Vernunft oder sonstige tolle Ratschläge. Man kommt einfach nicht mehr in den Kopf des Verliebten. Genau dasselbe trifft auch beim Hund beim Thema Jagen zu. Deshalb können Personen die schon mal richtig krass verliebt waren auch Hunde die passioniert jagen viel besser verstehen. Weil der Gefühlszustand, den die Beiden empfinden, so ziemlich ein ähnlicher ist.
Jagen ist selbstbelohnend, heißt nichts anderes als das der Hund dieses Jagen an sich total phänomenal findet. Sein Begehren danach ist immens stark. Er tut es, und der Körper schießt einen Hormoncocktail in die Blutbahn und bestätigt damit sein Tun. Praktisch ein Selbstläufer. Der Hund tut es, es fühlt sich sau gut an, er tut es deshalb noch viel lieber und öfter und so sind wir in einem kleinen Teufelskreis. Und Jagen hat halt echt Suchtcharakter. Wann genau wird denn am meisten von den Hormonen gesendet? Das variiert wohl. Dem einen Hund ballert es die Hormone schon rein, wenn der Spaziergang beginnt und das Spiel mit dem Ball in Aussicht steht . Dem anderen vielmehr beim Anblick des Ball´s. Und wieder ein anderer Hund genießt diesen etwas anderen Cocktail erst beim Jagen selber. Was Sie auch noch wissen sollten, die Hormone brauchen ein wenig um abzubauen. Das kann dann eben auch zu Entzugserscheinungen kommen. Da kommt dann ganz plötzlich das Verlangen nach dem Kick auf. Wenn dann zu dieser Zeit kein Ballspiel stattfindet, kann es sein, dass sich der Hund eventuell „Ersatzbälle“ sucht oder Wege findet seinen Frust abzubauen.
Warum wird Jagen so verdammt schnell gelernt? Die genetische Veranlagung ist da. Jagen macht an sich volle Kanne Spaß und der Körper belohnt es noch mit einer extra Portion Glückshormonen. Somit wird das Jagen immer mehr und mehr gefördert und sehr schnell verinnerlicht und gelernt. Lohnt sich einfach weil es sich gut anfühlt. Da braucht es auch gar nicht mehr.
Wie sieht ein Balljunkie aus?
Häufige Aussagen die von Hundehaltern mit einem passionierten Ballspieler kommen: Ja, mein Hund ist total begeistert vom Balli. Er macht dann eigentlich alles was ich möchte. Von alleine möchte er gar nicht mehr aufhören. Er ist dann echt total aufmerksam. Was er eigentlich ist, er ist total fixiert. Wenn nicht gar besessen. Er lässt das Objekt der Begierde einfach nicht mehr aus den Augen. Oft sieht man das auch in den Augen der Hunde. Diese Hunde haben dann einen ganz anderen Blick. Oft sind die Pupillen auch erweitert. Vor ein paar Jahren konnte ich persönlich auch nicht zwischen der angeblichen Freude und dieser Besessenheit unterscheiden. Zugegebenermassen ist das auch nicht immer so leicht und direkt erkennbar. Ausser man hat eben schon mal von diesen Zusammenhängen gehört.
Bei einem Balljunkie, wird sobald der Ball gezogen wird, praktisch zeitgleich der On-Schalter betätigt. Dann ist der Hund einfach da. Aber leider nicht bei Ihnen, sondern beim Ball und im Kopf beim Jagen.
Vielleicht fällt es Ihnen schwer, dass alles zu glauben. Das ist völlig okay und Ihr gutes Recht. Ich kann Ihnen dann anbieten, Ihren Hund einfach mal zu beobachten. Wie verhält er sich, wenn Sie den Ball hervorzaubern? Was passiert, wenn Sie den Ball werfen? Was passiert wenn Sie den Ball unerwartet nicht werfen? Fordert Ihr Hund Sie dann auf dies zu tun? Hört Ihr Hund von sich auf Ball zu spielen oder rennt er wann immer Sie werfen „fröhlich“ hinterher? Wie verhält er sich nach dem Ballspiel, vor allem die Tage danach und wenn Sie mal nicht Ball spielen? Können Sie dann Jagdverhalten beobachten? Oder ist Ihr Hund gefühlt schwieriger zu handeln? Wie gesagt nicht jeder Hund entwickelt sich zum Balljunkie. Aber die Fragen helfen dabei zu reflektieren ob Ihr Hund auf den Ball ein wenig mehr als nur scharf ist.
Und plötzlich ist alles Ball
Wenn das Ballspiel vor allem im Welpenalter so ein bisschen zur Lieblingsbeschäftigung wird, verringert das die Möglichkeit andere Dinge, die z. B. im sozialen Kontext wichtig sind zu lernen. Die Verknüpfungen zum Thema Jagen wachsen im Gehirn wie Unkraut. Und es besteht die Gefahr das andere Themen die viel wichtiger für die Entwicklung wären ins Abseits geraten. Und in Konsequenz die Verbindungen im Gehirn für diese Themen (wie Kommunikationslernen, Soziales etc.) nicht genügend angesprochen werden.
Oft kommt auch die Frage darf ich dann vielleicht alternativ Stöckchen oder einen Gong werfen oder sonst was, das lustig durch die Gegend fliegt. Ich persönlich rate davon ab. Egal ob Ball oder sonstige Spielgegenstände die geworfen werfen. Alles ist halt irgendwie ein Bewegungsreiz, der auch das Jagen antriggert. Was wir ja auf gar keinen Fall wollen ist den Trieb auf Bewegungsreize zu steigern. Denn was im zweiten Schritt passieren kann ist, dass der Hund seine neu gefundene Passion auch auf andere Objekte verlagert. Ein Jogger, ein rennendes Kind, ein fahrendes Auto….. Das alles sind schlichtweg Bewegungsreize. Die der Hund sichtet, fixiert und hinterher rennt. Ohne es dramatisieren zu wollen, kann man jetzt natürlich weiter denken und überlegen wohin so eine Besessenheit führen kann. Wenn Misses oder Mister Addict einfach mal dem Objekt der Begierde hinterherrennt und alles rundherum ausschaltet……
Eine Frage der Auslastung
Warum spielen Menschen mit Ihrem Hund überhaupt Ball? Ganz oft kommt hier das Thema Auslastung und der Spaß zur Sprache. Das Thema Spaß haben wir jetzt ja schon beleuchtet. Aber was ist mit dem Thema Auslastung? Oft wird versucht, den Hund körperlich auszulasten. Was ja auch beim Ballspielen der Fall wäre. Ist Ihr Hund ein Balljunkie würde er beim Spiel sehr lange körperlich durchhalten. Weil der Hund durch den Hormonausschuss irgendwie kein Gefühl mehr für ein „Genug“ hat. Langstreckenläufer kennen das meistens gut. Da gibt es diesen „Runner´s high“. Zu deutsch das Läuferhoch. Hier werden Glückshormone im Körper freigesetzt, die erstens Schmerzen unterdrücken und den Läufer in einen euphorischen Gemütszustand versetzen. Dieser Fakt lässt auch leichter nachvollziehen, warum das Verlangen auf Bewegung dann auch einfach größer werden kann. Dann geht es nicht mehr um die Frage der Auslastung, sondern um ganz andere Fragestellungen.
Ich kann einen Hund auch durch körperliches Auslasten einfach hundemüde machen. Aber ist ein Hund nur ausgelastet wenn er total müde erscheint? Ich persönlich finde, es muss sich immer alles irgendwie die Waage halten. Sind wir Menschen denn immer ausgelastet? Sind wir manchmal nicht auch eher überlastet oder unterfordert und müssen auch mit diesen Situationen klar kommen?
Heute geht es ja nicht um die Frage der Auslastung, da sie aber im Zusammenhang mit dem Ballspiel oft aufkommt will ich sie heute auf jeden Fall anskizzieren. Natürlich sollte langfristig gesehen, kein Hund ständig überfordert oder unterfordert sein. Ich denke das ist klar. Heutzutage sehe ich die Tendenz eher da hingehend, dass Hunde aus ganz ernsthaft gut gemeinter Fürsorge eher überlastet werden. Ich bin gar nicht der Typ der einmal raushaut, keiner soll Beschäftigung. Das sollte immer individuell betrachtet werden. Zu jedem Mensch-Hund Team gibt es dahingehend eben verschiedene Lösungen, Ansätze oder Wege.
Falls Sie im Kopf irgendwie diesen Gedanken haben Ihren Hund toujour beschäftigen zu müssen, möchte ich Ihnen gerne anbieten sich von dieser Idee zu lösen. Letztendlich erhöht sich damit nur der Druck bei Ihnen. Und schafft ein unangenehmes Gefühl, was letztendlich Ihr Hund auch wieder spürt und darauf reagiert. Ganz abgesehen davon, gibt außerhalb von Ballspielen viele andere sinnvollere Beschäftigungsformen für Mensch und Hund. Und auch einige Möglichkeiten die einen hohen Grad an Flexibilität zu lassen. Kein fester Termin, kein fester Ort, keine anderen Menschen und Hunde. Nur Sie und Ihr Hund. (To be followed)
Fortsetzung folgt...
Beim Ballspielen gibt es nicht die Überlegung ein bisschen oder so. Da gibt es wirklich entweder oder. Weil ein bisschen Training ist halt nun mal ein bisschen Training und kann nicht als einmal ist keinmal gesehen werden. Denn wenn die Hormone angetriggert, die Leidenschaft aktiviert und die innerliche Belohnung eben erfolgt, dann sagen wir mal als Aussenstehende das dieser Hormoncocktail ja nur so ein bisschen ausgeschüttet wurde. Wenn wir da nur an uns selber denken, wissen wir ganz genau das Hormone eine nicht zu unterschätzende Wirkung haben. Überall spielen sie eine Rolle. Beim Verliebtsein, bei Gesundheitsthemen, bei der Frage der Schwangerschaft, im Sport aber auch in ganz alltäglichen Situationen. Und nicht immer hat man die Möglichkeit, den Hormonen so entgegenzusteuern wie man das gern möchte. Und beim Hund sind wir völlig verwundert, wenn da biochemische Prozesse ähnlich ablaufen. Ein Kampf gegen die Natur? Irgendwie schon, denn sie hat in das Erbgut der Hunde nun mal das Jagend irgendwie reingeschrieben. Nun wissen Sie auf jeden Fall, dass Bälle spielen das Jagen fördert. Wenn Sie bis jetzt immer Ball gespielt haben und für sich nun entscheiden das Sie das nicht mehr wollen, machen Sie sich keinen zu großen Kopf. Dann hören Sie einfach damit auf. Behalten Sie nur im Hinterkopf, dass es sein kann, dass Ihr Hund sich eventuell andere Bewegungsreize sucht oder ein wenig frustet.
Nun gibt es zum Jagen noch so viel mehr zu Sagen. Tipps wie man Jagdverhalten besser kontrollieren kann. Punkte welche man bei passionierten Jägern besonders berücksichtigen sollte und aber auch Informationen wo die Grenzen liegen, wo der Mensch einfach auch einsehen muss was Jagen im Großen und Ganzen bedeutet. Deshalb ist heute schon klar - Fortsetzung folgt……