Wer wünscht sie sich nicht - eine gute Bindung zu seinem Hund? Dieses Thema steht in den Charts der meist gefragten Themen bei Hundehaltern wohl sicher in den Top Ten. Und irgendwie habe ich manchmal den Eindruck, dass aus diesem Thema ein mysteriöses Konstrukt gebaut wird. Nur bestimmte Übungen, ganz spezielle Techniken oder Hilfsmittel sollen hier zum Ziel führen. Und letztendlich dieses unsichtbare Band zwischen Mensch und Hund stärken. Doch ich will ehrlich mit Ihnen sein, ich stehe darauf Dinge so einfach wie möglich zu halten. Eine gute Bindung aufzubauen ist gar nicht so kompliziert.
Oft heißt es - meine Kunden sind erstrangig 4-Beiner. Doch das stimmt nur teilweise. Obwohl ich mich Hundetrainerin nenne, ist es zu einem großen Teil die Arbeit mit den Menschen, also mit Ihnen. Die meisten Themen beginnen eben beim Menschen - genauso ist es auch mit der Bindung. Gut wenn Sie als Mensch ein klares Bild darüber haben, wie das mit der Bindung so funktioniert. Ganz generell, aber auch wie Sie selber in Sachen Bindung ticken. Wie gut kennen Sie sich selber? Welche Verhaltensweisen schätzen Sie an anderen Menschen? Wenn Sie sich darüber bewusst sind, können Sie das Ihrem Gegenüber - egal ob Hund oder Mensch - klar kommunizieren. Und Ihr Gegenüber hat so die Möglichkeit, Ihnen Bindungsangebote zu machen. Umgekehrt gilt das natürlich gleichermassen. Wenn Sie Ihr Gegenüber gut kennen, haben Sie gute Anhaltspunkte um Bindung wachsen zu lassen.
Aber Bindung beginnt doch schon vorher - beim Kennenlernen? Genau. Und hier ist schon wichtig, wie ich mich verhalte. Beziehungsweise, ich geh noch einen Schritt weiter, wie ich mich präsentiere und somit verkaufe. Bin ich empathisch, belebend, authentisch und liefere ich Mehrwert? Ziehe ich mein Gegenüber an? Es ist also vielmehr ein intensiver Prozess sich mit diesem Thema Bindung auseinanderzusetzen.
Wenn Sie meine Blogartikel schon regelmäßig lesen - sehen Sie, dass es immer wieder darum geht, sich auch mit sich selber auseinanderzusetzen. Dinge zu hinterfragen. Mutig auszuprobieren und zu reflektieren ob unser Handeln uns dem eigentlichen Ziel näher bringt. Solche Prozesse machen unweigerlich unabhängiger vom Außen, von Ratgebern und sonstigen Einflussfaktoren. Klar, brauchen wir alle mit Sicherheit eine grobe Fahrtrichtung aber wer steht denn schon darauf, jeden kleinen Schritt vorgekaut zu bekommen?
Aber weil eine gewisse Struktur eben doch hilft, fangen wir doch gleich mal mit dem ersten Schritt in Sachen Bindung an. Nehmen Sie gerne Stift und Zettel und notieren Sie. So festgehalten auf einem Stück Papier hat das Ganze einfach nochmal ne andere Wirkung. Welche Verhaltensweisen finden Sie so genial, dass Sie zu einem Menschen schnell eine Verbindung aufbauen können? Anders gefragt, was macht für Sie die perfekte Führungskraft, die allerbeste Freundin, Ihr Partner fürs Leben aus? Auf welche Eigenschaften, Charaktereigenschaften legen Sie wert? Und noch eine Frage aus der anderen Perspektive - welche Verhaltensweisen oder Charaktereigenschaften schwächen aus Ihrer Sicht eine Bindung oder zerstören sie sogar?
Ich verrate Ihnen mal meine Favoriten. Ich stehe auf Ehrlichkeit und Klarheit. Ich liebe Kommunikation, die auf Augenhöhe stattfindet. Ich mag tiefe und lebendige Gespräche, die ein bisschen prickeln. Und ich mag es, wenn Menschen mich inspirieren. Was bei mir ein richtiger Catcher ist, ist Humor und Spaß. Ich liebe es, wenn mir Menschen richtig zuhören, gute Fragen stellen. Wenn ich Leidenschaft spüre und Menschen mich puschen. Ich schätze es, wenn ich meinem Gegenüber vertrauen kann. Ich liebe es, wenn ich ich sein darf und zwar zu 100%. Und wenn Menschen lange Leine geben können, also mir meinen Freiraum den ich brauche zugestehen, finde ich das phänomenal.
Was das jetzt hilft? Ich habe es ja bereits oben anskizziert. Ich habe Ihnen ein paar wichtige Dinge über mich erzählt. Wenn Sie nun eine Bindung zu mir aufbauen wollen würden, hätten Sie ordentlich Futter und viele Möglichkeiten sich ran zu arbeiten. Genau das gleiche ist es bei Ihrem Hund. Machen Sie sich auf den Weg möglichst viel über Ihren Hund zu erfahren und diese Türöffner zu finden, die Ihnen den Zugang zu ihm verschaffen. Das ist der ganze Trick bei der Sache. Mensch und Hund sind beide soziale Wesen und kommen beide mit einer Bindungsfähigkeit auf die Welt. Die Basis ist also da, alles schon verankert und vorprogrammiert. Also wollen tun sie beide. Die Frage ist nur wie wir diesen Bindungsprozess gestalten.
Viel wichtiger als das Was ist das Wie. Aber gibt es es denn nicht die eine Superduperübung, die unsere Bindung zum Hund magisch verstärkt? Nein, die Übung ist „Jetzt“. Sie ist immer und heißt Leben. Kommunikation ist das Schlüsselwort. Und Investment. Es gibt kein Zauber. Aber Investment kann zu einem bezauberndem Gefühl führen. Es ist also nicht unbedingt wichtig was wir an Aktionen machen, sondern wie wir sie gestalten. Natürlich gibt es Übungen mit denen wir an der Bindung arbeiten können. Sicher. Aber eigentlich brauchen wir keine spezielle Übung. Jede Interaktion mit dem Hund kann genutzt werden um die Bindung zu stärken. Es ist relativ simple. Wenn wir Menschen aus einer Interaktion mit einem guten Gefühl rausgehen, bekommt unser Gegenüber ein paar Pluspunkte auf dem Bindungskonto. Dabei ist es völlig egal ob uns Mensch oder Hund zum lachen bringen, uns Aufmerksamkeit schenken oder uns wachsen lassen. Und beim Hund ist das nicht anders. Sammeln Sie also einfach Pluspunkte auf seinem Bindungskonto.
Um besser nachvollziehen zu können, wie ich das mit „Bindung ist immer“ meine - gebe ich noch ein Beispiel. Und zwar am Erlernen der Stubenreinheit. Ich nehme Sie mal kurz mit auf eine Gedankenreise. Sie beobachten Ihren Welpen, das ist wie Zuhören nur mit den Augen. Sie tun das, weil Sie die Zeichen suchen, die ihr Hund liefert bevor er dann wirklich „muss“. Sie bemerken Ihr Welpe wird unruhig und Sie bringen ihn sofort raus. Er registriert, dass seine Kommunikation erfolgreich war und Sie verstanden haben. Und das Sie handeln und sich um seine Bedürfnisse kümmern. Das gibt Sicherheit. Ihr Hund kann so lernen und sich entwickeln. Um so intensiver Sie Ihren Hund beobachten um so besser können Sie seine Signale deuten. Er merkt Sie verstehen was er sagt. Genau das stärkt die Bindung. Sehen Sie wie viel Bindungspluspunkte Sie schon alleine hier haben sammeln können?
Manche Menschen beobachten ihren Hund mehr und manche weniger. Hunde sind da engagierter, für sie ist das Beobachten ihrer Menschen ein Fulltimejob. Denn wenn der Hund seinen Mensch versteht, bringt ihm das nur Vorteile. Unsere Hunde lesen uns regelrecht. Und zwar jedes noch so kleine Detail. Unsere Stimme, unsere Körperhaltung unsere Körperspannung, unsere Körpersprache, unsere Atmung, unsere Blicke..… ihnen entgeht so gut wie nichts. Hunde ziehen sich hier alle möglichen Informationen über uns. Sind wir gestresst, aufgeregt, emotional angespannt. Das lässt sich nicht verstecken. Wir senden was im Innen ist nach Außen. Unsere Hunde haben hier ein feines Gespür und spiegeln uns unseren innerlichen Zustand. Das bietet uns wiederum Möglichkeiten an bestimmten Themen zu arbeiten. Was das bringt? Wir alle können viel besser Kontakt zu unserem Gegenüber finden, wenn dieses ausgeglichen, gelassen und zufrieden ist. Warum sollen wir dann nicht anfangen, selber bei uns diese Voraussetzungen zu schaffen? Im stressigen Alltag ist das nicht immer ganz easy - auch Gutes für sich selber zu tun. Aber die Sache mit der Bindung bedeutet eben auch ein wenig Arbeit, das bekommen wir nicht geschenkt. Da geht es uns ja irgendwie allen gleich.
Immer noch gibt es so ein paar Missverständnisse rund um das Thema Bindung. Bindung ist nicht die Lösung für alles. Sie radiert genetische Dispositionen nicht einfach aus. Heißt, ein Hund der genetisch bedingt eher eigenständig ist, wird auch durch das härteste Investment auf dem Bindungskonto nicht wahnsinnig interessiert an Kooperationen sein. Auch das Thema Erziehung, steht auf einem separaten Blatt. Bindung kann Erziehung natürlich hier und da einfacher machen, aber durch die emotionale Verbundenheit manchmal auch komplizierter. Und bitte - keine Angst vor Reibung. Seien wir realistisch, im sozialen Kontext wird es immer Reibung geben. Pure Harmonie gibt es eben doch nur im Märchen. Ich möchte Ihnen keine Illusionen nehmen, vielmehr den Druck rausnehmen - bezüglich der Erwartung das eine gute Bindung bedeutet, dass alles immer perfekt ist. Machen Sie sich keinen Kopf. Eine Bindung geht nicht kaputt durch den ein oder anderen Konflikt. Wenn dieser gut gemeistert wird, können Bindungen daran auch durchaus wachsen und stärker werden.
Alles beginnt mit einem ersten kleinen Schritt. Gestalten Sie die nächste Interaktion mit Ihrem Hund doch so, dass Sie beide dabei ein gutes Gefühl haben. Beobachten Sie Ihren Hund. Lesen Sie ihn. Lernen Sie ihn noch besser zu verstehen. Und vor allem beobachten Sie sein Folgeverhalten. Das bietet Ihnen nämlich Rückschlüsse, wie Ihr Hund Ihre Kommunikation wahrnimmt. In Folge haben Sie dann die Möglichkeit noch wirkungsvoller zu kommunizieren. Und Kommunikation ist letztendlich Beziehung.