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Wie ich Leckerlis in der Arbeit mit Hunden einsetze und wie nicht!

Der folgende Satz klingt vielleicht etwas ernüchternd: Für mich hat die Belohnung über Futter in der Arbeit mit Hunden einen relativ niedrigen Stellenwert. Ich setze Leckerlis hauptsächlich dann ein, wenn es darum geht Hunden etwas Neues beizubringen. Aber auch hier nutze ich parallel bereits andere Möglichkeiten der Belohnung und fokussiere mich nicht nur auf die Leckerlis. Setze ich am Anfang für jedes richtige Verhalten des Hundes eine Belohnung ein, gehe ich darauf über nur noch partiell zu belohnen und steuere schließlich darauf zu, die Belohnung via Futter peu à peu wieder abzubauen. Ein spontanes Leckerli hier und da kommt natürlich vor. Aber - und der ist mir ganz wichtig - einfach weil ich es in diesem Moment eben mache. Entweder weil ich grad ein Leckerchen da habe oder weil es sich richtig anfühlt. Niemals aber möchte ich mich auf Leckerlis verlassen müssen um meine Erziehungsziele zu erreichen. Verstehen Sie?

So, jetzt wissen Sie wie ich Leckerlis in der Arbeit mit Hunden einsetze. Vielleicht viel interessanter ist die Antwort auf die Frage wie ich Leckerlis nicht einsetze und warum ich das nicht tu. Genau dazu kommen wir jetzt.

Stellen Sie sich folgende, etwas kuriose Situation vor, in der es um einen Ausschnitt in der Kindererziehung geht:

Sina ist Mutter. Sie hat immer Süßigkeiten bei sich, wenn sie mit ihrem Kind unterwegs ist. Wenn ihre Tochter Natalie irgendetwas richtig macht oder erwünschtes Verhalten zeigt, bekommt sie zur Bestätigung ein Kaubonbon oder eine Schokolade. Aber auch in recht brenzligen Situationen versucht Sina via Süßigkeiten zu argumentieren um wieder auf Kurs zu kommen. Manchmal scheint Natalie allerdings so in ihrem Element, dass Sina mit ihren Leckereien rascheln und werben kann soviel sie möchte. Irgendetwas scheint im Kopf der Kleinen um Welten interessanter und präsenter zu sein. Natalie entscheidet sich heute bei einem Stadtspaziergang für dieses kleine Mädchen, das da vorne wild umher rennt. Gleichzeit entscheidet sich sich auch dafür auf eine Süßigkeit zu verzichten. Aber abgesehen davon, dass Süßigkeiten schon lang an Attraktivität verloren haben, weil sie einfach täglich mehr als reichlich versorgt wird, ist ihr Pensum für heute sowieso schon gedeckt. Und Natalie weiß auch, es gibt ja keine weiteren Konsequenzen seitens der Mutter für sie - ganz egal wie sie sich entscheidet. Was kann schöner sein als das zu machen, was man im Moment halt machen möchte? Und so folgt Natalie diesem Ruf - sie springt zu dem Mädchen um mit ihr gemeinsam zu spielen und Spaß zu haben.

Erkennen Sie die Mechanismen dahinter? Vielleicht sitzen Sie jetzt kopfschüttelnd vor meinem Artikel. Natalie als kleines Kind hat hier alleine die Entscheidung getroffen wie sie handelt. Und die Mutter hat ihren Erziehungsauftrag gar nicht wahrgenommen. Sie als Persönlichkeit ist gar nicht wirklich da oder anders gesagt sie zeigt sich nicht. Im Fokus sind die Süßigkeiten, damit argumentiert Sina. Die sollen hier einen Zweck erfüllen, dem sie gar nicht wirklich gewachsen sind. Stellen Sie sich vor zwischen diesem Mädchen und Natalie wäre eine Straße, dann wäre Sina jetzt völlig verloren. Denn jetzt müsste Sina eine Grenze setzen, einfach um Natalie zu schützen. Dafür müsste Sina aber auch Natalie vorher schon vermittelt haben, was Grenzen bedeuten und was geschieht, wenn Natalie sich nicht an diese Grenzen hält. Nämlich schlichtweg das Verhalten Konsequenzen haben muss. Sina setzt die Süßigkeiten praktisch als Bezahlung für erwünschtes Verhalten von Natalie ein. Aber Sie sehen schon, dieses Prinzip allein funktioniert nicht um einen Erziehungsauftrag verantwortungsbewusst zu erfüllen.

Manchmal hilft ein Perspektivenwechsel, um die Systematik dahinter besser zu verstehen. Springen wir jetzt wieder zur Hundeerziehung und zu der Frage wie ich Leckerlis nicht einsetze. Vorneweg, die Belohnung mit Leckerlis gehört in die Schublade der positiven Belohnung. Das heißt ich belohne erwünschtes Verhalten, das in Folge öfters vom Hund gezeigt werden soll.

Wenn jetzt ein Hundehalter mit einem Hund zu mir ins Training kommt, der unerwünschtes Verhalten zeigt, haben ganz andere Dinge Priorität. Der Einsatz von Leckerli ist hier einfach nicht passend. Stellen Sie sich einen Hund vor, der eine Leinenaggression hat. Hier ist es von zentraler Bedeutung an den Kern des Themas zu gehen. Weder ablenken, noch umlenken noch das Fokussieren auf diesen einen Moment in dem der Hund vielleicht belohnt werden könnte, macht für mich Sinn. Die Schwierigkeit bei solchen Konfliktthemen ist nämlich immer, dass wir nicht wissen, welcher Prozess jetzt gerade im Hund abläuft. Und dann können wir noch so gut im Timing mit dem Leckerli sein, wenn der Hund gerade etwas anderes im Kopf hat belohnen wir eventuell etwas das wir nicht wirklich fördern wollen.

Auch wenn ein Mensch zu mir ins Training kommt, dessen Hund ihn nicht ernst nimmt, hilft es nicht mit Leckerlis zu argumentieren. Sondern der Mensch muss sich so verhalten, dass sein Hund ihn wieder ernst nehmen kann.



Es ist ein schönes Gefühl, wenn der Hund für Sie als Mensch arbeitet und er Sie nicht als seinen persönlichen Leckerliautomaten sieht. Die wertvollste Belohnung die wir unseren Hunden geben können, ist ein Lob von uns selber, mit unserer einzigartigen Persönlichkeit. Beobachten Sie Ihren Hund, probieren Sie aus welche Belohnung bei ihm wirklich ankommt! Eine sanfte Berührung, eine ruhige angenehme Stimme? Situativ kann Ihr Hund auch ganz unterschiedlich auf die verschiedenen Belohnungen reagieren. Das herauszufinden ist nicht nur ein spannender Prozess, sondern wir stärken auch hier wieder die individuelle Mensch-Hund-Bindung. Und wir machen uns unabhängig von diesen Leckerlis und bringen uns als Persönlichkeit in dieses Zusammenleben mit unserem Hund ein.

Ich freue mich von Ihnen zu hören!

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